Im Fokus Online - Neues aus dem LWL-Medienzentrum für Westfalen
Warum Medienzentren keine kommunale Sparbüchse sein sollten
Warum Medienzentren keine kommunale Sparbüchse sein sollten
Angesichts der zunehmend schwierigen Haushaltssituation in vielen Kommunen geraten naturgemäß vor allem sogenannte „freiwillige Leistungen“ – d.h. solche, zu denen Kreise, Städte und Gemeinden nicht gesetzlich verpflichtet sind – in den Fokus der Kämmerer. Gelegentlich werden dabei auch Kommunale Medienzentren auf den Prüfstand gestellt, für die in Nordrhein-Westfalen anders als etwa in Baden-Württemberg keine gesetzliche Bestandsgarantie existiert. Warum es trotzdem nicht angemessen ist, an den von Kreis- und Stadtmedienzentren wahrgenommenen Aufgaben zu sparen, erläutert dieser Beitrag. Er beschränkt sich auf den schulischen Bereich, der außerschulische wäre einer eigenen Betrachtung wert.
Gesetzliche Grundlagen
Mit den §§ 78 und 79 des Schulgesetzes NRW weist der Gesetzgeber den Schulträgern die Aufgaben zu, gemeinsam mit dem Land für eine „zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Schulen“ zu sorgen, die für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen Lehrmittel bereitzustellen“ und „eine am allgemeinen Stand der Technik und Informationstechnologie orientierte Sachausstattung zur Verfügung zu stellen“.
Für alle genannten Teilaufgaben übernehmen Kommunale Medienzentren wichtige Funktionen. Kreismedienzentren entlasten die kreisangehörigen Gemeinden in den genannten Feldern von speziellen Unterstützungsaufgaben für die Schulen und bündeln Know How und Ressourcen, die sinnvollerweise nicht in jeder einzelnen Gemeinde vorgehalten werden müssen. Sie stehen damit exemplarisch für eine gut funktionierende und langjährig bewährte interkommunale Zusammenarbeit.
Für den schulischen Bereich lassen sich drei zentrale Unterstützungsaufgaben eines Medienzentrums benennen:
1. Bereitstellung von digitalen Lehrmitteln – Bildungsmediathek NRW
Gemäß des schulgesetzlichen Auftrags zur Bereitstellung adäquater Lehrmittel versorgen seit vielen Jahrzehnten die Kommunalen Medienzentren die Schulen ihrer Gebietskörperschaft mit Unterrichtsmedien. Die Übernahme der Medienbeschaffung und -bereitstellung durch das Medienzentrum bringt für die beteiligten Schulträger – insbesondere die kreisangehörigen Kommunen – einen erheblichen Kostenvorteil gegenüber einer selbst organisieren Medienbeschaffung.
Mit dem Ziel der Unterstützung ihrer Mitgliedskörperschaften bei der Sicherstellung einer zeitgemäßen Medienversorgung haben die beiden Landschaftsverbände seit 2004 eine Online-Distribution aufgebaut, die für Westfalen-Lippe über eine Beschlussvorlage der LWL-Landschaftsversammlung im Jahr verabschiedet wurde. 2021 ist die von den beiden Landschaftsverbänden betriebene Plattform „EDMOND NRW“ in der „Bildungsmediathek NRW“ mit dem Land als drittem Träger aufgegangen. Als Facheinrichtungen für Medienbildung und Medienbereitstellung übernehmen die beiden von den Landschaftsverbänden Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) getragenen Landesmedienzentren zentrale Koordinierungsaufgaben im Rahmen der Bildungsmediathek NRW. Dazu zählen die Sicherung und Weiterentwicklung von Funktionalitäten, die Organisation und Koordination von Landeslizenzen und Sammelbestellungen, die Bereitstellung von Metadaten, die Sicherstellung des technischen Supports in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister, die Beratung und Fortbildung des zuständigen Personals in den Kommunalen Medienzentren und die Finanzierung der IT-Infrastruktur gemeinsam mit dem Land.
Wie bereits bei EDMOND NRW verbleiben auch bei der Bildungsmediathek NRW wichtige Aufgaben vor Ort bei den Kommunen. Es entspricht dem Grundsatz der Sparsamkeit und Effizienz von Verwaltung, dass die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in NRW alle Vor-Ort-Aufgaben rund um die Bildungsmediathek auf ihre Kreise übertragen haben. Das betrifft den Erwerb und die Verwaltung von Lizenzen inkl. der Bereitstellung der erworbenen Medien in der Bildungsmediathek, die Erstellung von Zugangsdaten für Lehrkräfte und die Verwaltung der Kundendaten für die Schulen im gesamten Kreis. Hinzu kommen Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Schulung der Lehrkräfte hinsichtlich Bedienung und Einsatz der Bildungsmediathek.
Die eng verzahnte Zusammenarbeit von Landschaftsverbänden und Kreisen auf diesem Feld sichert nicht nur eine zeitgemäße und qualitätsvolle Unterrichtsmedienversorgung vor Ort, sondern ermöglicht auch beträchtliche Kosteneinsparungen der kommunalen Schulträger. Durch die zentrale Koordination des Erwerbs von Landeslizenzen und Sammelbestellungen konnten seit 2006 für die kommunalen Haushalte weit über zwei Millionen Euro eingespart und zugleich das Angebot an ausgewählten schulischen Bildungsmedien landesweit standardisiert werden.
In den vergangenen beiden Jahren konnte zudem das Ministerium für Schule und Bildung dafür gewonnen werden, sich maßgeblich an der Finanzierung einer großen Landeslizenz für die „FWU-Online-Mediathek“ zu beteiligen. Deren Beschaffung ermöglicht den Schulen im Land Zugriff auf ein umfassendes Angebot an digitalen Unterrichtsmedien. Die Kosten pro Kreis/kreisfreier Stadt (als Träger der Medienzentren) belaufen sich im Jahr 2024 auf 2.000 €. Dies entspricht einer Ersparnis von jährlich ca. 14.500 € pro Kommune gegenüber einer Einzelbeschaffung und ist damit ein extrem kostensparendes Angebot.
Die genannten Dienstleistungen der Landesmedienzentren richten sich in beiden nordrhein-westfälischen Landschaftsverbänden an deren Mitgliedskörperschaften, in Westfalen-Lippe also an die 27 Kreise und kreisfreien Städte als Mitgliedskörperschaften des LWL. Eine Verlagerung der lokalen Zuständigkeiten für die Bildungsmediathek auf die einzelnen Schulträger ist deshalb jenseits der sehr fraglichen Effizienz einer solchen Lösung schon deshalb nicht möglich, weil die landschaftsverbandlichen Landesmedienzentren weder den Auftrag noch die Ressourcen dafür haben, einzelne kreisangehörige Gemeinden zu betreuen und ihnen den Zugang zur Bildungsmediathek NRW sicherzustellen.
Deshalb müssen die entsprechenden Arbeitsprozesse rund um die Bildungsmediathek in den Kreisen an einer zentralen Stelle gebündelt werden, weil sonst alle Schulen des Kreises von der landesweiten Bildungsmedienplattform ausgeschlossen würden. In der Folge würden bestehende Zugänge der Schulen gelöscht werden. Dies wäre auch deshalb fatal, weil das nordrhein-westfälische Schulministerium inzwischen landesweit bereitgestellte digitale Lernumgebungen wie die Leseförder-App „LeOn“ direkt an die Bildungsmediathek NRW anbindet. Für einen Zugriff auf das landesseitig entwickelte Tool benötigen die Lehrkräfte einen Account. Ein Ausstieg aus der Bildungsmediathek NRW würde für die Lehrkräfte und Schüler:innen in der betroffenen Gebietskörperschaft eine massive Ungleichbehandlung bedeuten, weil sie solche Tools nicht mehr nutzen könnten.
2. Unterstützung der Schulen und Schulträger zu Technik-Ausstattung und –Einsatz
Für die kommunalen Schulträger ist es essentiell, dass die unter hohem finanziellem Aufwand bereitgestellte IT in der Schule tatsächlich und umfänglich genutzt und Fehlinvestitionen vermieden werden. In enger Kooperation mit den staatlichen Medienberatern und den örtlichen IT-Dienstleistern können Kommunale Medienzentren Schulen und Schulträger im Hinblick auf die Erstellung von schulischen Medienkonzepten und die daraus abgeleiteten Medienentwicklungspläne der Schulträger beraten. Eine zunehmend wichtige Rolle spielen dabei digitale Lernlabore („Medialabs, „Makerspaces“, „Makerplaces“ o.ä. ), in denen Schulen und auch Schulträger im Vorfeld von Ausstattungsentscheidungen den Mehrwert aktueller Medientechnik für den Unterricht kennenlernen und überprüfen können.
In diesem Kontext ist aktuell vor allem auf zwei Pilotprojekte des NRW-Schulministeriums hinzuweisen. Mit Finanzmitteln des DigitalPakts für landesweite Maßnahmen stellt das Ministerium 2024 allen teilnehmenden Kommunalen Medienzentren entgeltfrei VR-Technologie und Digital Making Places bereit, die Schulen für den unterrichtlichen Einsatz und die Erprobung innovativer Unterrichtsmethoden nutzen können. Beide Pilotvorhaben setzen voraus, dass die Kommunen ihrerseits notwendige Ressourcen (Raum, Personal, technische Infrastruktur) zur Verfügung stellen. Eine weit überwiegende Mehrheit der Kreise und kreisfreien Städte Nordrhein-Westfalens beteiligt sich an beiden Projekten. Eine Nichtbeteiligung hat zur Folge, dass die Kommune auf die vom Land finanzierten VR-Brillen für den Einsatz in Schulen sowie auf die im Rahmen des DMP-Projektes angedachten Warenpakete (Basispakete + Ergänzungspakete zu Visual, Audio, Haptic/Tinker, Sonderpädagogik) verzichtet und Lehrkräfte und Schüler:innen im Kreis entsprechend nicht von diesen landesweiten Fördermaßnahmen profitieren können.
3. Information, Beratung und Qualifizierung
Auch wenn Fortbildungen für Lehrkräfte im Kern Landesaufgabe sind, bilden kommunale Medienzentren hier wichtige Unterstützungsagenturen und Kooperationspartner. Dies betrifft insbesondere Fortbildungen zur Medienkompetenzvermittlung und zum pädagogischen Einsatz digitaler Medien, zumal es im elementaren Interesse jeder Kommune liegt, dass Schüler/innen an den eigenen Schulen zeitgemäß lernen können. Ein Element dafür ist die Ausbildung der Medienscouts, die an Schulen Mitschüler und Eltern in Sachen Medienkompetenz beraten. Viele Medienzentren beteiligen sich seit Jahren an diesem landesweiten Projekt der Landesanstalt für Medien NRW und der beiden Landesmedienzentren, ebenso wie am „Internet-ABC für Lehrkräfte“. Als Koordinator ist das Kommunale Medienzentrum Ansprechpartner für interessierte Schulen, Lehrkräfte und Schüler:innen im gesamten Kreis, organisiert im Rahmen des Internet-ABC die Qualifizierungsrunden für Lehrkräfte sowie Materialversand und Zertifikatsübergaben.
Eine wichtige Rolle auf dem Feld der Beratung und Qualifizierung nehmen die vom Schulministerium abgeordneten Medienberaterinnen und Medienberater ein. Sie sind ausdrücklich auch mit der pädagogischen Unterstützung der Medienzentren betraut und bilden ein wichtiges Bindeglied zwischen kommunaler und staatlicher Verantwortung für Schulen. Als Lehrkräfte bringen sie eine zusätzliche pädagogisch-fachliche Expertise über das System Schule in die Arbeit des Medienzentrums-Teams ein. Außerdem agieren sie als Schnittstelle zwischen dem in der kommunalen Verwaltungsstruktur verankerten Medienzentrum, den Schulen und der Schulaufsicht. Um einen verlässlichen Rahmen für die Einbindung der Medienberatenden zu schaffen, bieten die Bezirksregierungen Kooperationsvereinbarungen über deren Mitarbeit an, sofern die Kreise bereit sind, dafür einen Arbeitsplatz in den Kommunalen Medienzentren zur Verfügung zu stellen.
Resümee
Gut ausgestattete und damit attraktive Schulen, kompetente Fach‐ und Methodenvermittlung im Unterricht und angemessen qualifizierte Schulabgänger sind heute von elementarer Bedeutung. Städte und Kreise, die in diese Kompetenz investieren, leisten einen essenziellen Beitrag zur Qualitätssicherung ihrer Bildungsstandorte.
Einsparungen in diesem Bereich stehen im Widerspruch zu den Unterstützungsbedarfen von Schulen in der digitalen Welt und auch zu den Entwicklungen in den meisten Kreisen und Städten NRWs, die ihre Medienzentren oder vergleichbaren Organisationseinheiten in den vergangenen Jahren teils erheblich ausgebaut haben. Massive Kürzungen würden den gesetzlich verankerten Zugang von Schulen zu digitalen Lehrmitteln gefährden, den Schulen Beratungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten nehmen.